US-Präsidentschaftswahl: Wer könnte Joe Biden ersetzen? – DW – 09.07.2024
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US-Präsidentschaftswahl: Wer könnte Joe Biden ersetzen?

Darko Janjevic
9. Juli 2024

Nur noch wenige Monate bis zu den US-Wahlen. Joe Biden steht unter Druck, den Weg für einen jüngeren Kandidaten freizumachen, der gegen Donald Trump antritt. Wer könnte einspringen, sollte Biden zurücktreten?

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Joe Biden schaut auf seine Armbanduhr
Ist Bidens Zeit als US-Präsident abgelaufen? Er meint: nein. Viele US-Amerikaner sehen das anders.Bild: Samuel Corum/Getty Images

Die erste Präsidentschaftsdebatte 2024 zwischen US-Präsident Joe Biden und dem voraussichtlichen Kandidaten der Republikaner, Donald Trump, erwies sich für den amtierenden Präsidenten als katastrophal. Biden, 81, wirkte oft verwirrt und ließ den 78-jährigen Trump im Vergleich dazu gelassen und klar erscheinen.

Das löste sowohl bei potenziellen Wählern als auch bei den Demokraten Besorgnis aus. Obwohl sich die Parteiführung geschlossen hinter Biden stellte und der Präsident selbst in einem Interview sagte, nur Gott könnte ihn zum Aufgeben überreden, wird über andere potenzielle Kandidaten spekuliert, die bei der Wahl im November gegen Trump antreten könnten. Wir stellen diejenigen vor, die ganz oben auf dieser inoffiziellen Liste stehen.

Kamala Harris

Bidens Vizepräsidentin, Kamala Harris, ist die naheliegendste Wahl für Bidens Posten. Bei der Wahl 2020 schrieb sie Geschichte, als sie als erste Frau, erste Schwarze und erste Person indischer Herkunft (ihre Mutter stammte aus Indien) das Amt der US-Vizepräsidentin übernahm.

Doch die 59-Jährige kämpft seit Beginn der Biden-Harris Regierung damit, sich als politische Führungspersönlichkeit unabhängig von Biden zu etablieren. In den ersten Tagen im Amt wurde sie mit der Leitung der US-Antwort auf die Masseneinwanderung aus Lateinamerika beauftragt - eine Sisyphusarbeit. Bei der Eindämmung der Migration hat Harris weitgehend versagt, was Trumps Wahlkampfteam bereitwillig gegen sie verwendet.

Vizepräsidentin Kamala Harris klatscht bei einem Wahlkampfauftritt fröhlich in die Hände
Kamala Harris ist eine der wahrscheinlichsten Präsidentschaftskandidatinnen, sollte Biden nicht noch einmal antretenBild: Brendan McDermid/REUTERS

Seit 2023 setzt sich Harris verstärkt für das Recht auf Abtreibung ein. Im März 2024 besuchte sie als erste Vizepräsidentin eine Abtreibungsklinik. Als Frau und Kind jamaikanischer und indischer Einwanderer könnte sie die Unterstützung von mehr schwarzen und südostasiatischen Wählerinnen gewinnen.

Gleichzeitig macht sie ihre vorherige Karriere als Attorney General in Kalifornien anfällig für Angriffe von Teilen der Linken, die sich am besten unter dem Slogan "Kamala ist ein Cop" zusammenfassen lassen, der schon ihrer Präsidentschaftskandidatur 2019 schadete. Der Attorney General ist in den USA ein Posten, der einer Kombination aus Justizminister und Generalstaatsanwalt gleicht.

Harris hat einen jedoch entscheidenden Vorteil gegenüber allen anderen potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten: Da sie bereits Bidens Vizepräsidentin ist, könnte sie bei einer eigenen Präsidentschaftskandidatur legalen Zugriff auf die Gelder haben, die die beiden für ihren Wahlkampf gesammelt haben. Diese Mittel belaufen sich derzeit auf rund 91 Millionen Dollar (84 Millionen Euro). Andere Politiker müssten um eigene Spenden werben. Wenn sie nicht genug Geld auftreiben können, wären sie gegenüber dem bereits etablierten Trump-Team im Nachteil.

Gretchen Whitmer

Die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, ist 52 Jahre alt und eine treibende Kraft innerhalb der Demokratischen Partei. Whitmer hat in ihrem Heimatstaat eine Reihe fortschrittlicher Gesetze verabschiedet, darunter mehr Steuergutschriften für einkommensschwache Familien, mehr Schutz für die LGBTQ+-Community, einige Maßnahmen zur strengeren Waffenkontrolle und die Sicherung von Mitteln, um in Detroit ansässige Autofirmen umweltfreundlicher zu machen.

Im Jahr 2020 sah sie sich mit einem Komplott von Rechtsextremisten konfrontiert, die sie entführen und ihr einen Prozess machen wollten, weil sie Whitmers Corona-Lockdown in Michigan zu streng und weitreichend fanden.

Michigan Gouverneurin Gretchen Whitmer
Whitmer geriet mit Trump in der Pandemie wegen Corona-Einschränkungen aneinanderBild: Kevin Dietsch/Getty Images

Nur neun Tage nach der Verhaftung der Verschwörer hielt Trump eine Kundgebung in Michigan ab, auf der er die Kritik an Whitmers Pandemiepolitik wiederholte und seine Anhänger dazu veranlasste, "lock her up" zu skandieren. Diesen "sperrt sie ein"-Slogan hatten Trump und seine Anhänger im Wahlkampf 2016 gegen Hillary Clinton etabliert.

Whitmer ist in Michigan - einem wichtigen "Swing State" - nach wie vor beliebt und wird voraussichtlich 2028 für das Präsidentenamt kandidieren. Nach der jüngsten Debatte zwischen Trump und Biden behaupteten anonyme Quellen, Whitmer habe sich beschwert, Biden könne in Michigan nicht mehr gewinnen.

Whitmer wies dies als falsch zurück. "Ich bin stolz darauf, Joe Biden als unseren Kandidaten zu unterstützen, und ich stehe zu 100 Prozent hinter ihm, wenn es darum geht, Donald Trump zu besiegen", sagte sie in einer Erklärung.

Gavin Newsom

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom verteidigte Biden nach der Debatte und wies Forderungen nach seinem Rücktritt zurück.

"Man kehrt [seinem Kandidaten] nicht wegen einer einzigen Leistung den Rücken zu. Was für eine Partei tut so etwas?", fragte Newsom im US-Fernsehsender MSNBC kurz nach der Debatte.

Gavin Newsom läuft durch das Set der CNN TV-Debatte am 27. Juni 2024
Gavin Newsom sprach sich nach der TV-Debatte lautstark für Biden ausBild: Andrew Harnik/Getty Images

Obwohl Newsom entschlossen scheint, Spekulationen über die Nachfolge Bidens zu ignorieren, wird er immer wieder als möglicher Kandidat genau dafür genannt. Der 56-Jährige kommt aus der Wirtschaft und war Bürgermeister von San Francisco, bevor er zum Gouverneur von Kalifornien, dem bevölkerungsreichsten und einem der wohlhabendsten Bundesstaaten der USA, gewählt - und dann wiedergewählt - wurde.

Doch Newsoms geschäftliche Verbindungen und seine politische Karriere könnten von Trumps Team gegen ihn verwendet werden, insbesondere bei Themen wie der weit verbreiteten Obdachlosigkeit im Bundesstaat und der Zunahme von Ladendiebstählen in San Francisco.

JB Pritzker

Jay Robert "JB" Pritzker, Gouverneur von Illinois, wurde in eine der reichsten Familien der Welt hineingeboren. Der 59-Jährige, Erbe des Hyatt-Hotel-Vermögens, verfügt nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins Forbes über ein Nettovermögen von rund 3,5 Milliarden Dollar (2,78 Milliarden Euro). Pritzker setzt sein Vermögen seit langem ein, um die Demokratische Partei und seine eigenen Wahlkampfauftritte zu unterstützen.

Illinois' Gouverneur JB Pritzker
JB Pritzker könnte die Kosten seines Wahlkampfs praktisch allein tragenBild: Joel Angel Juarez/Zumapress/picture alliance

2018 wurde der Milliardär Gouverneur von Illinois. Seitdem hat er sich für eine progressive Politik in den Bereichen Waffengesetze, LGBTQ+-Rechte, Abtreibung, Einwanderung und Mindestlohn eingesetzt.

Pete Buttigieg

Der aktuelle US-Verkehrsminister, Pete Buttigieg, war eine relativ unauffällige politische Figur, bevor er 2020 für das Präsidentenamt kandidierte und sich anschließend einen Platz in Bidens Regierung sicherte. Dafür war seine Karriere bevor er in die Politik ging umso beeindruckender: Nach seinem Abschluss in Harvard studierte Buttigieg in Oxford und arbeitete anschließend für die Unternehmensberatung McKinsey. Während seiner achtjährigen Karriere bei der US-Marine war er unter anderem sechs Monate als Nachrichtenoffizier in Afghanistan stationiert.

Pete Buttigieg spricht unter freiem Himmel in Pressemikrofone
Pete Buttigieg trat im letzten Wahlkampf in TV-Debatten gegen Joe Biden anBild: Alan Freed/REUTERS

2011 wurde er Bürgermeister von South Bend, eine rund 100.000-Einwohner-Stadt in Indiana. 2019 gehörte er zu dem großen Feld von Demokraten, die Präsidentschaftskandidat werden wollten, gab aber zugunsten von Biden auf. Er war einer der ersten offen schwulen Kandidaten, die für das Präsidentenamt kandidierten. Mit 42 Jahren ist Buttigieg der mit Abstand jüngste Kandidat auf dieser Liste.

Michelle Obama

Die ehemalige First Lady Michelle Obama, Ehefrau des früheren Präsidenten Barack Obama, ist die einzige Kandidatin auf dieser Liste, die noch nie ein politisches Amt bekleidet hat. Sie ist aber auch die einzige, die in Umfragen weit vor Trump liegt, sollte sie sich für eine Kandidatur entscheiden. Laut einer Ipsos-Umfrage von Anfang Juli würde sie 50 Prozent der Stimmen erhalten, Trump käme auf 39 Prozent.

Michelle Obama spricht bei einer Versammlung der Demokraten am 13. Juni 2022
Michelle Obama ist bei der US-Bevölkerung beliebt, hat aber bereits häufig gesagt, dass sie kein Interesse an einer Kandidatur hat.Bild: Jae C. Hong/AP Photo/picture alliance

Michelle Obama hat wiederholt erklärt, dass sie kein Interesse an einer Präsidentschaftskandidatur hat. Aber wenn die US-Politik eines gezeigt hat, dann dass kein Ausgang zu unwahrscheinlich ist, um ihn von vornherein auszuschließen.

Dieser Text wurde ursprünglich auf Englisch veröffentlicht.