UN-Menschenrechtskommissarin wirft hin – DW – 13.06.2022
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Politik

UN-Menschenrechtskommissarin wirft hin

13. Juni 2022

Überraschend verzichtet die Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, auf eine zweite Amtszeit. Wegen eines China-Besuchs war sie zuletzt international kritisiert worden.

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Schweiz | UN Menschenrechtsrat | Michelle Bachelet
Michelle Bachelet war 2018 nominiert wordenBild: Valentin Flauraud/KEYSTONE/picture alliance

Die derzeitige Sitzung des UN-Menschenrechtsrats werde die letzte sein, die sie leite, sagte Michelle Bachelet zur Eröffnung der Beratungen in Genf. Zu den Gründen für ihre Entscheidung äußerte sich die 70-Jährige nicht. Sie sagte lediglich, sie habe die Entscheidung aus persönlichen Gründen getroffen und wolle in ihre Heimat Chile zurückkehren und mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen. Spekulationen, ihr Rückzug habe mit ihrer jüngsten, scharf kritisierten Reise nach China zu tun, wies sie zurück.

Bachelet war im Mai in der Volksrepublik und hatte dort unter anderem die Region Xinjiang besucht. Menschenrechtsaktivisten warfen ihr vor, Chinas kommunistischer Führung einen Propaganda-Erfolg verschafft zu haben. Auch Rücktrittsforderungen waren laut geworden.

Peking | Videokonferenz | Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping und UN-Menschenrechtskommisarin Michelle Bachelet
Online-Treffen mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping im Mai: Pekinger Propagandacoup?Bild: Yue Yuewei/Xinhua/IMAGO

Peking wird seit Jahren vorgeworfen, in der Region Xinjiang die muslimische Bevölkerungsgruppe der Uiguren und andere Minderheiten systematisch zu unterdrücken. Mehr als eine Million Menschen werden dort laut Bürgerrechtlern in Lagern interniert. Erst kürzlich hatten mehrere internationale Medien gemeinsam über massive Menschenrechtsverletzungen, willkürliche Internierungen, Folter und die Existenz eines Schießbefehls berichtet. China weist die Vorwürfe zurück.

Bachelet betonte an diesem Montag, dass sie mit Blick auf die "Menschenrechtssituation der Uiguren und anderer mehrheitlich muslimischer Minderheiten" in China ihre "Besorgnis" geäußert habe, und kündigte die "Aktualisierung" eines Berichts dazu an.

Die frühere chilenische Präsidentin war 2018 von UN-Generalsekretär António Guterres als Menschenrechtskommissarin nominiert worden. Ihr Mandat läuft Ende August aus.

Ungleichheit so groß wie seit 100 Jahren nicht mehr

In ihrer Rede rief Bachelet die reichen Länder zu mehr Entwicklungshilfe auf. Die ärmsten 20 Prozent der Weltbevölkerung hätten durch die Corona-Pandemie die größten Einkommenseinbußen erlitten. Auch von der Klimakrise seien sie besonders stark betroffen. Die Ungleichheit in der Welt sei nach einer Studie so groß wie seit mehr als 100 Jahren nicht mehr.

Ärmere Länder ächzten unter großen Schuldenbergen. Allein um Darlehen zu bedienen, müssten Entwicklungsländer in diesem Jahr mehr als 300 Milliarden Dollar aufbringen - Geld, das an anderer Stelle fehle. Deshalb müssten zur Bewältigung der Schuldenkrise neue Lösungen gefunden werden.

Infografik Schulden Afrika DE

Sie rief reiche Länder auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für die internationale Zusammenarbeit bereitzustellen. Deutschland hat dieses Ziel nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit nach vorläufigen Berechnungen 2021 erreicht.

Bachelet sprach auch über die verheerenden Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Sie kritisierte die Verhaftung von Kriegsgegnern in Russland und die Einschränkung der Presse- und Redefreiheit.

Auch kritisierte die Hochkommissarin Prozesse gegen Regierungskritiker in der Türkei wie Osman Kavala. Sie verlangte von Israel eine lückenlose Aufklärung über den Fall der vor einigen Wochen im Westjordanland getöteten Journalistin Schirin Abu Akle.

Die 47 Mitglieder des Rates erörtern in den kommenden vier Wochen die Menschenrechtslage in aller Welt. Die im Rat vertretenen Länder - zur Zeit auch Deutschland - werden für jeweils drei Jahre von der UN-Vollversammlung gewählt. Der Rat kann Verstöße anprangern und Untersuchungen beschließen. Konkrete Mittel, Menschenrechtsverletzungen abzustellen, hat er nicht.

uh/jj/AN (dpa, afp, rtr)